Source: Vetron

Und dann kam Corona

Mit einer Exportquote von 73 Prozent gehört der Maschinenbau für Näh- und Bekleidungstechnik zu den exportstärksten Zweigen des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus. Im Jahr 2019 fertigten die fast 6700 Beschäftigten Maschinen und Zubehör im Wert von rund 644 Mio. Euro. Die Prognosen für 2020 sahen gut aus. Dann kam Corona.  

Um fast ein Viertel (22 Prozent) fiel der Umsatz der TFL-Branchen (Näh-, Bekleidungs-, Schuh- und Ledertechnik sowie Wäscherei- und Textilreinigungstechnik) allein zwischen Januar und Juli 2020 im Vergleich zum Vorjahr. Auch bei den Auftragseingängen (-9,9 Prozent) und Exporten (-16,3 Prozent) stockte es mächtig. Spätestens im April 2020 ist allen klar: Für eine Branche mit einer Exportquote von 73 Prozent wird es ein sehr schwieriges Jahr. Zumal auch die Inlandsnachfrage nach Autos, Bekleidung und Schuhen zurückgeht. Allesamt Produkte, von deren Umsatz der Umfang der Auftragsbücher deutscher Maschinenbauer für Näh- und Bekleidungstechnik abhängt, denn für die Zulieferer dieser Primärindustrien liefern sie die Maschinen. Doch dass Pessimismus nicht Sache deutscher Maschinenbauer ist, illustrieren beispielhaft die Firmen Veit und Vetron.

Mit Erfindergeist gegen die Folgen der Coronakrise

Wie viele andere wird auch die Firma Veit im bayerischen Landsberg am Lech hart vom Coronavirus getroffen. Der Hersteller von Bügeltischen, Fixier- und Laminiermaschinen, zu dessen Kunden Hugo Boss und Zara zählen, hat ab Mai mit massiven Umsatzeinbrüchen zu kämpfen. „Wir mussten für einen Teil unserer 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Kurzarbeit beantragen“, sagt Co-Geschäftsführer Christopher Veit. Bei Kurzarbeit zahlt der deutsche Staat vorübergehend Teile des Lohns und der Sozialabgaben, um Unternehmen in unverschuldeten Krisen wie der aktuellen Pandemie zu entlasten und Insolvenzen zu vermeiden.

Es ist ein Schock, der im Unternehmen aber auch den Erfinderehrgeiz freisetzt. Als etwa Christopher Veit sieht, wie seine Mitarbeiter mit ihren Ellbogen Türen öffnen, um Türgriffe nicht mit den Händen berühren zu müssen (Stichwort Schmierinfektion), kommt ihm eine Idee: Ließe sich nicht etwas entwickeln, um Türen kontaktlos zu öffnen? Na klar, sagen seine Entwickler, und legen sofort los. Kurz darauf vertreibt das Unternehmen einen handfreien Türöffner, von dem es Hunderte Exemplare auch an Menschen aus Risikogruppen und an ein Hilfswerk in der Region verschenkt. „Wir wollen einen Beitrag leisten“, sagt Veit, dem es als Geschäftsführer eines Familienbetriebs in der 3. Generation bei der Erschließung neuer Absatzmärkte auch um den Erhalt von Arbeitsplätzen geht. So habe man inzwischen auch einen Luftreiniger entwickelt. Er soll im Kampf gegen Corona in Büros, Restaurants und in Wartezimmern von Ärzten die Aerosolbelastung in der Luft reduzieren und Viren per ultravioletter Strahlung neutralisieren.

Quelle: VEIT

Mit Neuentwicklungen wie kontaktlosen Türöffnern und Luftreinigern will Veit den Kampf gegen Corona unterstützen und Arbeitsplätze sichern / Quelle: VEIT

Krisenerfahren und transformationskompetent

Viele Hersteller von Näh-und Bekleidungstechnik zeigen in der Coronakrise, worin eine ihrer großen Stärken liegt: In ihrer Krisenerfahrung – und in der damit verbundenen Fähigkeit, auf krisenbedingte Transformationen mit textil-technologischem Einfallsreichtum zu reagieren. Das beweist auch der Nähmaschinenhersteller Vetron aus Kaiserslautern. Als Corona im Frühjahr beginnt, Deutschland auch den wirtschaftlichen Atem zu nehmen, stellt das Unternehmen innerhalb weniger Wochen einen Teil seiner Fertigung auf Ultraschall- und Heißluftschweißmaschinen zur Herstellung von Schutzkleidung und Atemschutzmasken um. „Die Maschinen wurden uns aus den Händen gerissen“, erinnert sich Vetron-Chef Holger Labes. Zwar habe der Ansturm nur bis Juni gehalten, dann sei der Markt gesättigt gewesen. Doch die Corona-bedingten Umsatzverluste habe man zu einem gewissen Teil kompensieren können. „Uns ist aber klar: Wir sind noch nicht aus dem Tal“, warnt Labes.

Das weiß auch Elgar Straub. Als Geschäftsführer des VDMA Textile Care, Fabric and Leather Technologies kennt er die zum Teil schmerzhaften Zahlen der über 50 VDMA-Mitgliedsunternehmen, viele davon Weltmarktführer. Doch auch Straub vergeudet keine Energie mit Pessimismus: „Gerade jetzt ist die Chance, zukunftsweisende Themen wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Automatisierung oder Hygiene voranzutreiben“, zeigt er sich kämpferisch. Straub weiß um die Innovationsfähigkeit seiner Branche, für die es aktuell wichtiger denn je sei, an Innovationen zu arbeiten, „um auch nach Covid-19 wieder ganz vorne mit dabei zu sein“.

3 Kommentare
  1. Martin Lobinger sagt:

    Vielen Dank für die interessante Darstellung der Erfahrungen des Unternehmens während der Corona-Krise! Insbesondere den Tipp zur Installation eines Luftreinigers habe ich mir ans Herz genommen und eine entsprechende Empfehlung an meinen Vorgesetzten gerichtet. Seitdem wir in unserer Abteilung über einen Luftreiniger verfügen, fühle ich mich jedenfalls produktiver und energischer. Wenn wir auch zum Kampf gegen die Corona beitragen – umso toller!

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