Source: Ginetex Germany

Taschenpost im Textil

So gut wie jeder hat sie schon bekommen; manch eine(r) hat gar Hunderte davon im Kleiderschrank: Kleine Taschenbotschaften, befestigt im Inneren von Kleidungsstücken, beschriftet mit textilüberlebenswichtigen Informationen. Wie aber kommen sie dorthin? Und wer entscheidet, was draufsteht?

Der Kenner wirft noch vorm Kauf im Laden einen Blick drauf, die meisten spätestens dann, wenn der erste Waschgang ansteht: Die Rede ist vom Etikett. Als eine Art Taschenpost steckt es in so gut wie jedem Kleidungsstück und übermittelt dem Kunden wichtige Informationen: Bei wie viel Grad darf ich das Top waschen? Wo wurde der Pulli hergestellt? Aus welchem Material besteht der Rock? Was kaum jemand weiß: Die Pflegesymbole, etwa „Waschen“, visualisiert als kleine Schüssel mit Wasseroptik, oder „Bügeln“, unterliegen einer bestimmten Reihenfolge, deren Einhaltung streng überwacht wird.

USA und Südkorea waschen, wie sie wollen
Unter anderem von Petra Bleibohm, stellvertretende Vorsitzende der Firma Ginetex Germany. Sie kennt die Geschichte hinter den Pflegesymbolen. „Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein haben sich die Menschen ihre Sachen fast ausschließlich selbst genäht“, erklärt Bleibohm. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg sei die serienmäßige Herstellung von Kleidung richtig in Schwung gekommen. Von da an habe sich auch die Frage nach einer einheitlichen Kennzeichnung zu deren Pflege gestellt. Und die schnellste Antwort lieferte Bleibohms heutiger Arbeitgeber: Ginetex erfand ab den 1950er-Jahren nacheinander die fünf Pflegesymbole, zu denen auch „Trocknen“, „Professionelle Textilpflege“ und das als Dreieck dargestellte „Bleichen“ gehören.

Form und Reihenfolge der bis heute gültigen Symbolreihe sind stets identisch und weltweit als Marke geschützt. Und obwohl die Pflegekennzeichnung in vielen Ländern gesetzlich gar nicht vorgeschrieben ist, „halten sich die meisten Hersteller trotzdem daran – freiwillig“, sagt Pflegesymbol-Hüterin Bleibohm. Die Gründe dafür sieht sie in der Schlichtheit und im Wiedererkennungswert. Die USA und Südkorea allerdings waschen, wie sie wollen – beide Länder nutzen eigene Symbole.

Viele Farben, viele Formen: Laut Etiketten-Experte Reuschel gibt es bei der kreativen Umsetzung der kleinen Infozettelchen „eigentlich keine Grenzen“ / Quelle: Berliner Textiletiketten

Viele Farben, viele Formen: Laut Etiketten-Experte Reuschel gibt es bei der kreativen Umsetzung der kleinen Infozettelchen „eigentlich keine Grenzen“ / Quelle: Berliner Textiletiketten

Die Etiketten wahren
Doch wie kommen die Pflegehinweise und weitere Angaben wie jene zu Hersteller und Herkunft („Made in …“) aufs Etikett? Hier kommt Frank Reuschel ins Spiel. Als Geschäftsführer der Berliner Textiletiketten GmbH fertigt er mit seinen Leuten monatlich bis zu 200 000 Etiketten. Zu den Kunden zählen internationale Modehäuser, große Einzelhandelsketten und Möbelhersteller. „Wenn ich erzähle, dass ich in einer Textiletikettendruckerei arbeite, stutzen die meisten“, sagt Reuschel. Viele würden denken, Kleidungsstück und Etikett kämen schon fertig verbunden aus der Textilfabrik. Irrtum. Erst, wenn der Hersteller sein Wunschetikett nach Farbe, Form, Material und Text an Reuschel oder einen anderen Etikettenhersteller übermittelt hat, werden die Textil-Fähnchen gewebt oder gedruckt und anschließend mit Pflegesymbolen und Infos versehen.

Von Berlin aus, wo Reuschel die Etiketten wahrt, gehen die kleinen Tags dann an die Hersteller, die sie ins Textil nähen. Den Materialklassiker dafür kennt übrigens fast jeder: Satin, dessen Haptik an fließend weiches Papier erinnert. Aber es kommen auch Polyester, Nylon und – Stichwort Nachhaltigkeit – zunehmend Baumwolle zum Einsatz. Privatpersonen können bei Reuschel übrigens ebenfalls personalisierte Etiketten bestellen. Als Geschenk zum Valentinstag scheidet die Idee allerdings aus: Die Mindestbestellmenge liegt bei 100 Stück.

Titelbild – Quelle Ginetex Germany

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