Sourcing: Die Beschaffungsländer Pakistan, Ukraine und Äthiopien?

Zunächst: „Nichts ist so stetig wie der Wandel“! Dies wurde wieder mal klar, als sich über 70 Teilnehmer auf der DTB-Sourcing Conference am 14.09.14 in Wien zum Thema Beschaffungsmärkte für Textilien und Bekleidung austauschten. Bei der zum 10. Mal vom Dialog Textil-Bekleidung veranstalteten Expertenrunde wurde insbesondere über die Entwicklung von Pakistan diskutiert. Aber auch die Ukraine und Äthiopien standen mit auf dem Programm.

Pakistan-Experten von Sourcing Agenturen und Logistikunternehmen sind der Meinung, dass das durch die Medien dargestellte Image von Pakistan nicht der Realität entspricht. Positive Entwicklungen z. B. in Bezug auf die politische Situation würden nicht ausreichend kommuniziert. Pakistan habe aber als Beschaffungsland für Textilien und Bekleidung sehr großes Potential, sagen sie. Nicht zuletzt, da das Land zu den größten Baumwollanbaugebieten weltweit gehört und die angebotene Produktpalette sehr vielfältig ist. Offensichtlich wird aber Pakistan diesbezüglich nur bedingt in Erwägung gezogen. Nur wenige aus dem Auditorium berichten, dass bereits Geschäftsbeziehungen zu Pakistan aufgenommen wurden.

Woran liegt es, dass die dargestellten Entwicklungen und Fortschritte der letzten Jahre in Pakistan nicht wirklich in der Branche ankommen? Neben der medialen Darstellung ggf. auch an der Art und Weise wie sich Pakistan auf internationalen Messen positioniert? Festgestellt wird, dass sich das Land zwar präsentiert, aber irgendwie doch nicht wirklich da ist. Die Kommunikation zwischen Pakistanis und Europäern ist also offensichtlich nicht so einfach. Die Experten empfehlen daher, bei dem Aufbau von Geschäftsbeziehungen zu Pakistan Agenturen als Brücke zwischen dem Beschaffer und Produzenten zwischen zu schalten. Direct sourcing funktioniert dort also (noch??) nicht. Die wenigen aus dem Teilnehmerkreis, die bereits dort fertigen – im speziellen Fall Denim-Artikel -, arbeiten mit Sourcing Agenturen und erhalten auf dem Weg eine zufriedenstellende Qualität. Interessant ist jedoch, dass noch kaum jemand dort war. Doch zu gefährlich, so wie es uns die Medien suggerieren? Die Bereitschaft das „Fürwahrhalten“ der Infos aus der medialen Welt einer strengen Prüfung zu unterziehen, ist gering. Sprich: kaum jemand fährt hin und bildet sich vor Ort eine eigene Meinung über die Gegebenheiten. Nach Meinung der Experten wäre das aber durchaus sinnvoll.

Auch bei der Podiumsdiskussion zu der Ukraine war zu erkennen, wie stark doch unsere Wahrnehmung durch die Medien beeinflusst wird. Die derzeitige politische Situation wirkt sich auf die Fertigungsstandorte im Westen der Ukraine „nur“ mittelbar aus, da sind sich die Experten einig. Die Produktionen laufen wie gewohnt. Das hat kaum jemand, der dort nicht fertigt, erwartet. Aber natürlich weiß keiner, wie sich das Land mittelfristig entwickeln wird. Es bleibt abzuwarten, ob die Chancen, die sich bei dem Aufbau nach der Krise – insbesondere im Westen des Landes – bieten, ausgeschöpft werden können. Die Nähe zu den Absatzmärkten ist sicher ein großer Vorteil. Aber zunächst sei eine gewisse Vorsicht geboten.

Und Äthiopien? Es wird zwar immer wieder als neues Bangladesch von Afrika bezeichnet, aber der Weg bis dorthin – sofern er denn wirklich in die Richtung geht – ist sicher noch lang. Arbeitskräfte sind auf jeden Fall ausreichend vorhanden und die Chinesen sind dort auch sehr umtriebig – sie investieren fleißig. Man sollte das im Auge behalten. Ob es die Europäer jedoch mittelfristig den Chinesen gleich tun sollen, bleibt bis auf weiteres in Frage gestellt.

Birgit Jussen

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