Reinigen mit radialen Stoßwellen

Kann man relativ empfindliche, aber deutlich verschmutzte Bekleidung schonender reinigen? Ist es möglich, dabei trotzdem Wasser und Energie zu sparen? Diesen Fragen widmete sich ein Forschungsvorhaben des Forschungskuratorium Textil e.V.

in Berlin. Gefördert wurde es vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. Realisiert wurde das Vorhaben vom wfk Cleaning Technology Institute e.V. („Flecken sind unsere Spezialität“).
„Und tatsächlich gab es einige bemerkenswerte Ergebnisse“ sagt Prof. Dr Hans G. Hloch, Abteilungsleiter Verfahrenstechnik beim wfk.. Im Fokus stand Alten- und Pflegeheimoberbekleidung, die häufig stark mit Körperausscheidungen, Lebensmittelresten und Schweiß verschmutzt ist. Bei dieser Art von Verschmutzung muss außerdem davon ausgegangen werden, dass die Bekleidung zusätzlich mit Keimen kontaminiert ist.

Der Lösungsansatz konzentriert sich auf den Einsatz radialer Stoßwellen. Sie sollten helfen, in Nassreinigungsverfahren bei 20°C schonender zu waschen, indem Reibung und Deformation durch Druckkräfte an und durch die Textiloberfläche ersetzt werden. „Früher wusch man mit dem Waschbrett und machte sich die mechanische Reinigung durch Reiben zunutze“, so Hloch. „Radiale Stoßwellen sind da wesentlich schonender fürs Textil.“ Dazu galt es zunächst, ein Reinigungsgerät mit Stoßwellenerzeugung zu konstruieren und im zweiten Schritt die Druck- und Strömungsverläufe an und durch die Textilien zu ermitteln.

Die Stoßwellenerzeuger wurden in die Trommeltür einer Versuchseinrichtung mit reversierender Trommel integriert. Außerdem wurden Flottenströmung (Wasserströmung) und Wäschebewegung über die Beladungs- und Wassermenge in der Trommel sowie der g-Faktor und die Reversierung variiert. Der g-Faktor bestimmt die Zentrifugalkraft. Je höher er ist, desto geringer ist die Restfeuchte. Reversierung bedeutet im Wäscherei-Deutsch, dass sich die Bewegungsrichtung der Waschtrommel umkehrt. Ergebnis: Als optimal erwies sich eine Füllverhältnis (Trommelvolumen zu Beladungsmenge) von 30 L/kg und ein Flottenvolumen von 18 L pro Kilogramm Textilien. Einfacher kann man sich den Vorgang vorstellen, wenn man weiß, dass 10.000 Schusswellen in 9 Minuten bei 20°C zu höchster Schmutzentfernung führten. Im Vergleich: Eine häusliche Waschmaschine braucht selbst im Kurzprogramm um die 30 Min. und eine deutlich höhere Temperatur für verschmutzte Bekleidung.

Als Vorteil aus dem entwickelten Verfahren ergibt sich, dass mit deutlich niedrigeren Temperaturen (20°C) gewaschen werden kann. Außerdem wird weniger Waschmittel benötigt. Wesentlich für gewerbliche Wäschereien ist außerdem, dass die Textilschädigung geringer ausfällt und es gegenüber herkömmlichen Waschverfahren kaum zu Farbabänderungen kommt.

Interessant für Businessbekleidung ist darüber hinaus die Tatsache, dass es merklich weniger zu Textilveränderungen kommt und es in der Folge einfacher ist, Knitter zu entfernen. Auch wenn das Stoßwellenverfahren aktuell nur mit einem höheren spezifischen Wasserverbrauch zu realisieren ist, sind die Forscher sicher, dass das durch Veränderungen konstruktiver Maßnahmen ausgeglichen werden kann. Der Energiebedarf beim Stoßwellenverfahren  ist aufgrund der geringen Wassertemperatur niedriger.  So hat das Verfahren gute Chancen, sich im Bereich der gewerblichen Wäschereien zu etablieren. Ein Schritt, den Stoßwellen zur Therapie in der Medizin geschafft haben.  Mit Stoßwellen lassen sich nicht nur Gallensteine entfernen, sondern auch orthopädische Leiden lindern.

Kirsten Rein

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