Die 3D-Masche von morgen
Wie lässt sich die Zukunft der Maschenindustrie beschreiben? Was sagt die aktuelle Forschung dazu? Welche Maßnahmen müssen angeschoben werden? Wie geht man dabei vor? Dazu neueste Forschungsergebnisse von Dr. Thomas Fischer, Deutsche Institute für Textil + Faserforschung (DITF).
„Vor einem halben Jahr ist die Studie Strick 4.0 – Die Zukunft der textilen Produktion am Beispiel des Strick-Clusters Baden-Württemberg erschienen“, sagt Fischer. „Auf dem kürzlich stattgefundenen Innovationstag Denkendorf haben wir konkrete Vorschläge zu den identifizierten Handlungsfeldern vorgestellt.“ Ziel ist ein durchgängiges Engineering über die gesamte Produktion. Alle Produkte und Prozesse sollen virtualisiert werden, um als Simulation dargestellt werden zu können.
Am konkreten Beispiel Tribologie erläutert Fischer, wie Big Data Maschinen positiv beeinflussen können. „Ein Großteil der Rundstrickmaschinen wird heute mit einem deutlichen Ölüberschuss geschmiert, weil man kein Risiko eingehen will“, so der stellvertretender Leiter Management Research. „Wüsste man mehr über die tribologischen Zustandsparameter, ließe sich eine bedarfsgerechte Schmierung einstellen und dadurch der Ölverbrauch minimieren.“ Man könnte auch ältere Öle weiter verwenden, wenn der Tribologie-Zustand über die Nadelkraft bzw. die Schlosstemperatur überwacht werden kann. Das Resultat: datengetriebene Ressourceneffizienz durch geringeren prozess-spezifischen Ölbedarf und durch betriebsinternes Ölrecycling.
Zu den Rundstrickprozessen lässt sich allgemein sagen, dass Betriebsdaten teilweise vorhanden sind, aber nicht genutzt werden. Um das Wissen für eine ganzheitliche Betrachtungsweise generieren zu können, braucht man aber deutlich mehr Sensoren und Daten. Die Hypothese des DITF ist, dass eine deutliche und nachhaltige Steigerung der Ressourceneffizienz im Strickprozess durch eine systematische Erfassung prozessbestimmter Daten mit Sensoren auf verschiedenen Funktionsebenen erreichbar ist.
Wie durchgängiges digitales Engineering funktioniert, beleuchtet Fischer anhand von individualisierten 3D-Kompressionstextilien, wie man sie beispielsweise zur Behandlung von Verbrennungswunden nutzt. So könnte zuerst ein 3D-Scan des betroffenen Körperteils gemacht werden. Die Scandaten werden dann rechnergestützt interpretiert und direkt zur 3D-Schnittentwicklung weitergeleitet. Es folgt der 3D-Strick in der Maschine, die schließlich ein individualisiertes Kompressionstextil „ausspuckt“.
Fazit: Informationsbasierte Maschenherstellung kombiniert menschliches Erfahrungswissen und aus Daten gewonnene Zusammenhänge in einem wissensbasierten System. Eine Steigerung der Ressourceneffizienz im Strickprozess ist durch Erfassung relevanter Daten mittels Sensoren und deren Auswertung mit intelligenten Algorithmen erreichbar. Das durchgängige digitale Engineering über die gesamte Produktion ermöglicht das Herstellen individueller, auf den Körper angepasster 3D-Gestricke. Verbindet man jetzt die virtuelle echtzeitfähige Produktverfolgung mit traditionellen Logistikkonzepten, dann kommen die Kompressionsgestricke auch noch direkt zum Patienten.