Das grosse Fressen
Kaum unter der Erde, beginnt das große Fressen: Mikroorganismen wie Pilze und Bakterien verschlingen alles, sobald Sauerstoff vorhanden ist – auch Hosen, Shirt und Outdoorjacken. Aber unterschiedlich schnell und lange nicht immer vollständig. Inwieweit ein Kleidungsstück abbaubar ist und welche Auswirkungen die Veredlung von Textilien auf die Umwelt hat, untersuchen die Hohenstein Institute durch kontrollierte Erdeingrabungen.
„Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, mit gebrauchten Produkten zu verfahren“, sagte Mihaela Szegedi in ihrem Vortrag auf dem Texprocess Forum. „Sie können als Second Hand-Ware weiterverkauft werden, ins Down- oder Upcycling gehen oder recycelt werden.“ Passiert all das nicht, muss das Stück entsorgt werden. „Auch hier gibt’s mehrere Möglichkeiten“, so die Chemikerin. „Das sind die thermische Verwertung, Deponierung oder die Kompostierung“. Wer verantwortlich handeln will, muss den gesamten Lebenszyklus seines Produktes kennen. Dazu sollte er wissen, wie umweltfreundlich die Bestandteile seines Produktes sind und wie es in der Umwelt verbleibt. Seit längerem sind mit Plastikmüll verseuchte Meere, Stuttgarts anstehendes Dieselverbot und Greenpeace mit Attacken auf Hersteller von mit PFC-Chemikalien ausgerüsteten Outdoorjacken nicht mehr nur Themen von ein paar Aktivisten. Für Geschäftspartner und Kunden gewinnen sie immer mehr an Bedeutung.
So sollte sichergestellt sein, dass Produkte, die für die Deponierung oder Kompostierung bestimmt sind, sich im Boden abbauen und eventuell enthaltene Rückstände aus Ausrüstungen keinen negativen Einfluss auf ihn haben. Für die Prüfung und anschließende Zertifizierung bieten die Hohenstein Institute drei Wege an: Für Mischfasern reicht eine Erdeingrabung ohne Zugabe von Mikoorganismen, für synthetische Fasern sollten aber welche zugesetzt werden, weil sie schwer abbaubar sind und der Verrottungsprozess so beschleunigt werden kann. Naturfasern, auch ausgerüstete, kann man so vergraben.
Mit seinen Tests zur „Biodegradation und ökotoxologischen Untersuchung veredelter Textilien“ sprechen die Institute Hersteller von Garnen, Fasern und technischen Textilien in den unterschiedlichen Branchen wie der Mode-, Auto- und chemischen Industrie an. Zertifikate (B2B) und Labels (B2C) geben die Abbaurate des Produkts in Prozent an. Mehrwert: Steigerung der Verbrauchersicherheit, Verkaufsargument und Kaufentscheidungshilfe sowie die Möglichkeit, die Zielgruppe zu erweitern. Es ist schon ein Unterschied, wenn man Schwarz auf Weiß sieht, dass Casein sehr schnell und zu 100% abbaubar ist, ein T-Shirt eine Woche braucht, um sich in nichts aufzulösen und eine Jeans mit Stretchanteil ein Jahr.